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Der Bau des Amtsgerichts 1875/76

 

Das Amtsgericht war bis 1872 sehr beengt in zwei kleinen Räumen des Riedernhofes, der damals auch dem Bezirksamt als Amtshaus diente, untergebracht. Wegen der räumlichen Verhältnisse hatte schon 1864 die Errichtung des Schöffengerichts Schwierigkeiten bereitet. Man half sich damit, dass ein Teil des Bezirks- die Stadt Külsheim - an das Amtsgericht Wertheim abgegeben wurde. Als am 5.1.1872 das Amtsgericht Gerlachsheim aufgehoben und seine 21 Gemeinden dem bereits 20 Gemeinden umfassenden Bezirk des Amtsgerichts Tauberbischofsheim zugeschlagen wurden, war anderweitige Unterbringung unumgänglich. Das Großherzogliche Ministerium der Justiz in Karlsruhe beschloss deshalb, für das Amtsgericht ein dreigeschossiges Gebäude zu erbauen, das außer den nötigen Arbeitsräumen und den Sitzungssälen auch die Dienstwohnungen für den Amtsrichter und den Gerichtsnotar enthalten sollte. Für die Bauzeit wurde das Amtsgericht im kurz zuvor neuerbauten Rathaus einquartiert. Das Ministerium forderte am 1.12.1871 die Bezirksbauinspektion in Wertheim auf, sofort die Pläne für ein dreigeschossiges Gebäude zu entwerfen und die Kostenvoranschläge einzureichen; der Bau solle schon im nächsten Jahr in Angriff genommen werden. So schnell ließ sich dieses Vorhaben allerdings nicht verwirklichen. Am 13.6.1872 teile das Justizministerium dem Amtsgericht Tauberbischofsheim erst mit, welche Bauplätze in Frage kämen. In die engere Wahl zog man das Gelände oberhalb und unterhalb des bereits 1852 errichteten Gefängnisses, außerdem den Platz zwischen Spital und Bahnhof sowie „die alten zweistöckigen drei Gebäude in der Hauptstrasse gegenüber dem Sonnenwirtshaus“. In der damaligen Lokalzeitung „Die Tauber“ ist nachzulesen, dass sich die Tauberbischofsheimer auch mit der Frage des Standorts des Amtsgerichts beschäftigten. Ein Leserbrief zeigt, dass die später getroffenen Entscheidung nicht überall auf Beifall stieß:“ Wir haben darauf hinzuwirken, dass das Gebäude dem Verkehre der Stadt nicht entrücket werde. Der von den Technikern vorgeschlagene Bauplatz befindet sich neben dem Amtsgefängnisse; dieser wäre aber der allerungünstigste für unsere Stadt; nach der Bahn gelegen würde mancher Auswärtige die Stadt selbst nicht betreten“. Tauberbischofsheim zählte damals etwa 2800 Einwohner. Der Grabenweg, wie die Schmiederstraße damals hieß, lag nach Ansicht der Bürgerschaft fernab des Stadtzentrums halbwegs auf freiem Felde. Oberamtsrichter Elfner, der damals das Amtsgericht leitete, wurde - ebenfalls im Schreiben vom 13.6.1872 - beauftragt mit den Eigentümern der möglichen Bauplätze Verbindung aufzunehmen. Bezüglich des heutigen Standorts des Amtsgerichts war der Kauf dadurch erschwert, dass diesen Platz kurz zuvor die katholische Kirchengemeinde für den Bau des Pfarrhauses erworben hatte. Sie erklärte sich jedoch bereit, ihr Grundstück der Justiz abzutreten, wenn sie in der Nachbarschaft anderes geeignetes Gelände erhielte. So wurden erst am 2.12.1873 vor dem Gemeinderat die Kauf - und Tauschverträge protokolliert, in dem die Justiz vom Sonnenwirt Thomas Baumann, von der Städtischen Hospitalverwaltung und sieben anderen Grundstückseigentümern Gelände zum Preis von 20 - 28 Gulden je Quadratrute (ca. 9 m²) erwarb und zum Teil mit dem Pfarrhaus-Baufond gegen dessen Bauplatz tauschte. Die für die Errichtung des Amtsgerichts verbleibende Fläche umfasste 23 a 98 m².

Unterdessen hatte sich zwischen dem Ministerium in Karlsruhe, der Bezirksbauinspektion in Wertheim und dem Amtsgericht Tauberbischofsheim ein reger Schriftwechsel ergeben. Am 24.6.1873 genehmigte das Ministerium die von der Baudirektion in Karlsruhe entworfenen Baupläne und forderte vom Bauamt Wertheim Detailpläne und vorläufige Kostenvoranschläge an, „damit der Bau in Bälde begonnen werden kann“. Ein Jahr später erinnert das Ministerium (am 23.6.1874) an die längst fällige Vergabe der Erd-Maurer - und Steinhauerarbeiten und vermerkt: „ Man hat die Verzögerung des Baus missfällig hingenommen und erwartet, dass in der kürzesten Frist die Inangriffnahme der Arbeiten ermöglicht werde“. Gleichzeitig bestimmte es, dass am Bau gespart werden müsse. Über Änderungen der Stockhöhe und Gangbreite, über die Gestaltung der Fassade und die Verwendung bestimmter Materialien dauerte der Schriftwechsel noch lange an.

Für die Bauaufsicht war am 5.11.1873 der Bauführer Ernst Neckermann aus Distelhausen gewonnen worden. Sein Entgelt betrug pro Tag sechs Mark. Nach seien Abrechnungen wurden die eigentlichen Bauarbeiten in der Zeit von Juni 1875 bis September 1876 durchgeführt. Wie Zeitungsberichte und auf Eile drängende Schreiben des Amtsgerichts zu entnehmen ist, ließen Zahl der eingesetzten Arbeiter und ihr Arbeitseifer manche Wünsche offen. Lange war es fraglich, ob der Neubau noch im Jahre 1876 bezogen werden könnte. Dies war um so unangenehmer, als das Amtsgericht seine im Rathaus gemieteten Zimmer räumen sollte, damit hier die Kreiswinterschule untergebracht werden könnte.

Unterdessen hatte das Justizministerium (am 7.8.1876) dem Amtsgericht die Beschaffung der Möbel und Einrichtungsgegenstände genehmigt, die für das neue Gebäude erforderlich waren. Es handelt sich außer der Einrichtung des Schöffengerichtssaals nur um 1 Arbeitstisch, 1 Stehpult, Aktenschränke und - regale und Fensterdraperien für zwei Räume. Daneben durften natürlich die Büste des Landesherren und zwei Fahnen nicht fehlen. Amtsgericht und Notar hatten sich, um den Justizetat nicht zu sehr zu belasten, auf die unumgänglich notwendigen Beschaffungen beschränkt und baten im übrigen nur, die alten Möbelstücke streichen zu lassen. Die neuen Möbel wurden vom Landesgefängnis Mannheim am 18.10.1876 geliefert.

Am 30. und 31.10.1876 räumte das Amtsgericht seine Zimmer im Rathaus. Am 7. bzw. 16. November 1876 zogen Oberamtsrichter Elfner und Notar Bittmann in ihre Dienstwohnungen im 3. Stock des Neubaus ein. Zu diesem Zeitpunkt gab es im Justizgebäude noch keine Treppengeländer, der Schöffensaal war noch nicht benutzbar, die Abtritte waren nicht an die Senkgrube angeschlossen, das Wasser des Brunnens erwies sich als ungenießbar und die Einfriedung des Grundstücks, sowie die Pflasterung des Hofes hatte natürlich die Zeit auch nicht mehr gereicht.

Diese Arbeiten wurden zum Teil erst im Frühjahr 1877 abgeschlossen. Das neue Gebäude besaß bei einer Länge von 27 m und einer Breite von 15,70 m eine Nutzfläche von 1001 m².

Die Baukosten beliefen sich auf 101.143,30 Mark. Davon entfielen die Hauptkosten auf die Maurer (38.727,78 M.), auf die Steinhauer (25.394,-- M.), auf die Zimmerer (8.687,07 M.), und auf die Schreiner (7.455,43 M.). Zum 1.1.1897 wurde das Amtsgericht an die Städtische Wasserleitung und am 11.11.1906 an das Elektrizitätsnetz angeschlossen. 1909 erhielt es Telefonanschluß und 1959 eine mit Koks betriebene Zentralheizung.

 

Renovierung und Ausbau des Amtsgerichts 1975/76

 

In den Jahren 1975 und 1976 wurde das Gebäude der Justizbehörden Tauberbischofsheim renoviert und ausgebaut. Diese Arbeiten waren seit Jahren geplant, da das Gebäude zuletzt 1959 renoviert worden war und weil weitere Arbeitsräume (infolge Konzentration von Aufgaben, Aufhebung des Amtsgerichts Boxberg und allgemeinen Anstiegs des Geschäftsanfalls) dringend benötigt wurden.

Im Zuge dieser Baumaßnahme wurde

a)     im Keller eine Schieberegistraturanlage eingerichtet,

b)     die bisher mit Koks betriebene Heizungsanlage auf Ölfeuerung umgestelt,

c)      die bisherigen Registraturräume im Erdgeschoss zu vier Arbeitsräumen ausgebaut,

d)     das ganze Gebäude renoviert und

e)     im Hof des Amtsgerichts 13 Parkplätze angelegt.

 

Die Kosten dieser Baumaßnahme beliefen sich (einschl. der Schieberegistratur) auf ca. 380.000, -- DM. Die Arbeiten wurden unter Leitung von OJR Faulhaber in Koordination mit dem Hochbauamt Heilbronn durchgeführt.

 

 

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